Arte Hotel Bregaglia

Samstag 7. Juni und Sonntag 8. Juni 2014

Präsentation der Neuerscheinung «Arte Hotel Bregaglia 2010-2013»

‹Windbeutel›

Die konventionelle Fahne mit dem Schweizer Wappen auf dem Dach des Hotels Bregaglia wurde für die Ausstellungsdauer ersetzt: Neu ziehen fünf bunte, windsackähnliche Fahnen die Aufmerksamkeit bereits von Weitem auf sich. 

 

Der territoriale Charakter der Schweizer Flagge verschwindet allerdings nicht völlig: Obwohl die neuen bemalten Fahnen von den «Koinobori» (Karpfenfahnen) inspiriert sind, die in Japan jeweils am 5. Mai anlässlich des Knabenfestes aufgehängt werden, sind ihre Themen nicht nur schweizerisch konnotiert, sondern nehmen ihren Ausgangspunkt in der Bergeller Natur. Ihre Gestalten erinnern an Bäume, Zapfen, Geweihe, Hörner, Wurzeln oder Pilze. Das traditionelle Bild der Nationalfahne in der Schweizer Alpenwelt erhält damit eine humorvolle Auffrischung.

 

Die Fahnen greifen Naturformen auf, die letztlich «international», ja «global» sind: Es gibt sie im Gebirge, im Meer und in der Wüste, bei Pflanzen, Tieren und Menschen. Betrachten wir sie, schärfen sie unsere Wahrnehmung der konkreten Natur erscheinungen des Bergells. Die umliegende Baumwelt beispielsweise mit ihren unterschied-lichen Astformen nehmen wir nun deutlicher wahr.

 

Je nach Windsituation, wenn die ‹Windbeutel› schlaff herunterhängen oder aufge-bläht wehen, muten sie durchaus auch phallisch an. Der Titel verbindet die poetische Vorstellung, Wind in einem Beutel fangen zu können, mit dem Genusseindruck -köstlich luftiger Ofenküchlein. Die Offenheit und Durchlässigkeit, die Beweglichkeit des sich Treibenlassens künden eben auch von Sinnlichkeit. Für Hermann Hesse wird sie gar zur spielerischen Lebenseinstellung: «Ich gehöre zu den Windbeuteln, welche nicht eine Frau, sondern nur die Liebe lieben. Wir Wanderer sind alle so beschaffen. Unser Wandertrieb und Vagabundentum ist zu einem grossen Teil Liebe, Erotik» (‹Wanderung. Aufzeichnungen›, Berlin 1920).