Arte Hotel Bregaglia

Samstag 7. Juni und Sonntag 8. Juni 2014

Präsentation der Neuerscheinung «Arte Hotel Bregaglia 2010-2013»

‹Rauschanemonen›

Die zweiflüglige Pendeltür zwischen Eingang und Vestibül verwandelt Isabelle Krieg mit hauchdünnen, transparenten Silikonabgüssen von Trinkgläsern in eine Unterwasser-Landschaft mit Seeanemonen. Sie schafft damit eine zeitgenössische Version der Paradiestür, die in der Renaissance den Eingang zu Taufkapellen schmückte. Das bekannteste Beispiel ist wohl die Paradiestür des Baptisterio di San Giovanni in Florenz, die zwischen 1403 und 1423 von Lorenzo Ghiberti mit bronzenen Reliefszenen aus dem Alten Testament gefertigt wurde. – Der Vergleich erhält durch die Gussmodelle, hier Wein-, Schnaps- und Likörgläser, eine ironische Komponente. Das Motiv und die künstlerische Gestaltung erinnern auch an Daniel Spoerris ‹Fallenbilder›, wo Reste von Mahlzeiten in der vorgefundenen Form auf dem Tisch befestigt sind.

 

Wie Lorenzo Ghibertis Paradiestür ist auch die von Isabelle Krieg in mehrere Felder aufgeteilt. Was die Szenen darstellen, kann hingegen frei interpretiert werden. Wahrscheinlich sehen alle etwas anderes in den Silikonformen – ob Seeanemonen, verwelkte Rosen oder einfach nur geschmolzene Gläser. Sicher aber eröffnet die Tür einen Raum für Assoziationen und Illusionen – oder für die Erinnerung an das Zechgelage der letzten Nacht: Die Gläser hängen an der Scheibe wie betrunkene oder schlaffe Geistchen. Wer dem Alkohol frönt, nimmt den Taumel in Kauf – oder liebt ihn gar. Diese Paradiestür zumindest unterstützt als leichte Pendeltür den Taumel, das schwankende Hin und Her. Und da die Silikonabgüsse aus dünnem, elastischem Material gefertigt sind, wippen sie bei jeder Bewegung mit. Prosit!