‹Schräg aufwärts zu gutem Stand›

Der Treppenaufgang im Hotel Bregaglia führt die Hotelgäste mit geringer Steigung in die oberen Stockwerke. Die Treppenwand verwehrt die Sicht auf den 3308 Meter hohen Pizzo Badile. Dessen Nordostwand gehört zu den schwierigsten Unternehmungen der Alpen. Sie wurde am 16. Juli 1937 erstmals bezwungen. Von den fünf Alpinisten, die am Schluss gemeinsam den Gipfel erklommen, stürzte eine Zweierseilschaft beim Abstieg in den Tod. Am Ausgang des Val Bondasca, wo sich das Hotel befindet, wirkt die Präsenz der höchsten Berge des Bergells faszinierend und schauerlich zugleich.

Mit der Arbeit ‹Schräg aufwärts zu gutem Stand› deutet das Künstlerpaar Gabriela Gerber und Lukas Bardill die Treppenhauswand mit der fein bemalten Marmorstruktur als Felswand um. Videos projizieren kletternde Figuren darauf, die sich an der marmornen Felsstruktur festzuhalten scheinen. Über zwei Etagen kämpfen sie sich hoch, bleiben zweifelnd stehen, stürzen oder versuchen sich zurückzuziehen. Es findet eine Visualisierung der realen, körperlichen Mühen einer Bergbesteigung statt, während wir gemächlich die Treppen erklimmen, die trotz aller Dramatik eine belustigende Seite aufweist.

 

Gabriela Gerber und Lukas Bardill beziehen die direkte Umgebung des Hotels in ihre Arbeit mit ein. Ihre aufmerksamen Augen wissen die Struktur der marmorierten Wände zugleich als Bildträger und Bildbestandteil zu nutzen. Mit der Videoprojektion, die in die Wand eingreift, erzeugen sie ein symbolhaftes und anschauliches Kunstwerk. Das Künstlerpaar schenkt dieser Treppenhauswand, der im alltäglichen Leben kaum Bedeutung zukommt, seine Aufmerksamkeit und belebt sie auf unerwartete, aber erstaunlich sinnhafte Weise. Die projizierten Zeichentrickfilme mit den Strichmännchen vergegenwärtigen die alpingeschichtliche Bedeutung der Nordostwand des Pizzo Badile.