Arte Hotel Bregaglia

Samstag 7. Juni und Sonntag 8. Juni 2014

Präsentation der Neuerscheinung «Arte Hotel Bregaglia 2010-2013»

‹Wie war der Himmel blau›

«Wie war der Himmel blau / die Hoffnung weit! –

die Hoffnung floh / enttäuscht in Dunkelheit»

Ausschnitt aus Paul Verlaines Gedicht ‹Colloque sentimental / Wehmütige Zwiesprache› (1869)

 

In die Vorstellung eines fiktiven Gastes, der dauerhaft in Zimmer 33 wohnt, fühlte sich der Fotograf Gaudenz Signorell hinein. Das von ihm entsprechend ausgestattete Zimmer ist eine historische Rauminszenierung. Die Faszination des Piz Badile für Alpinisten, dessen steile Nordkante im Fensterausschnitt besonders schauerlich und zugleich verheissungsvoll wirkt, ist ausschlaggebend für das Interieur. An der Wand hinter dem Bett ist eine immens vergrösserte Abbildung eines Schneekristalls aus einem Jahrbuch des Schweizer Alpen-Clubs aufgezogen. Darüber hängt ein Regal mit Büchern über die Alpen sowie einem Fotoapparat, einem Feldstecher und einer Flasche Schnaps. Fotografien von Bergen, einer virtuellen Landschaft und eines Zeltausblicks sowie ein Porträt ergänzen diese persönliche Note. Ein mit einem Bild überzogener Lampenschirm bespielt das Zimmer zudem als Leuchtobjekt. Die gerahmte Fotografie mit dem eingezeichneten Weg zum Gipfel des Badile sowie Gaudenz Signorells handschriftliche Notiz verweisen auf die erste Winterbesteigung der Nordkante des Piz Badile am 2. Januar 1968. Diese Anspielung setzt das fiktive Innenleben des Zimmers in einen historischen Rahmen. Die persönlichen Elemente erlauben einen bruchstückhaften und daher geheimnisvollen Einblick in eine unbekannte Geschichte.

 

Das Zitat von Paul Verlaine, das als Schriftzug an der Wand oberhalb des Schrankes erscheint, kann einen auf deren Spurensuche in die Enttäuschung verweisen – oder das «Dennoch» betonen, den aktiven Versuch, auch wenn er zu scheitern droht. So beflügelt es die Interpretation der gesamten Rauminszenierung, aber auch die eigenen Gefühle, die diese evoziert. Gaudenz Signorell ermöglicht es, sich in diesem während der Ausstellungsdauer bewohnten Zimmer wie ein Alpinist aus einer früheren Zeit zu erfahren, die Bergwelt mitsamt der von ihr ausgehenden Faszination zu spüren – und sich dabei rundum wohl zu fühlen.