29.08 bis 26.09.15
frölicher I bietenhader
Gezielt greift das multimedial arbeitende Künstlerduo frölicher | bietenhader in bestehende Räume ein, um den Betrachter mit illusionistischen Manipulationen darin zu navigieren. Das Oeuvre der Künstler gleicht einer wesenshaften Befragung von architektonischen Räumen, die durch die entstehenden «Alternativversionen» neu geprüft werden. Die in der Galerie Luciano Fasciati präsentierten Werke entstanden an einem Ort, der für die meisten zur Zeit nicht betretbar ist und auch nie wieder in seinem momentanen Zustand sichtbar werden wird: den zukünftigen Ausstellungshallen des Bündner Kunstmuseums, die sich im Ausbau befinden.
Die Villa Planta des Bündner Kunstmuseums wird derzeit durch einen unterirdisch mit ihr verbundenen Neubau erweitert. Auf sieben Stockwerken, drei Obergeschossen, einem Foyer und drei Untergeschossen, werden Werkstatt, Räume für Projekte und die Kunstvermittlung, Sammlungs- und Wechselausstellung sowie Büros untergebracht. Die Wechselausstellungen werden im 2. UG gezeigt werden. Momentan befindet sich der Rohbau im Innenausbau. Bis das neue Gebäude eröffnet und eingeweiht wird, dauert es noch bis Juni 2016.
Im August hatte das Künstlerduo frölicher | bietenhader bereits Zutritt zu den noch mit Konstruktionsmaterialien besetzten Räumen. In diesen bauten sie ihre Werke auf, Projektionen und Installationen, und richteten ihre eigene, vom Publikum abgeschirmte, weil unzugängliche, fiktive Ausstellung ein. Präsentiert wird nun die eigentliche Dokumentation der Interventionen: Mittelformatige Prints zeigen unter anderem Videotestbilder, die an die Wände projiziert wurden. Die Räume wurden durch diese mit einer fantastischen, perspektivische Verhältnisse betonenden Struktur überlagert. Monitore, auf denen ein Rauschen erscheint, sind in einem weiteren Raum verteilt. Die einfachen, aber in ihren Strukturen höchst interessanten Test- und Leerbilder stehen in Verbindung zum rohen Charakter des Gebäudes, das seine Innenausstattung erst noch erhalten wird. Neben den fotografischen Aufnahmen entstanden zwei neue Videoarbeiten: Mit einer Vielzahl an Neonröhren setzten die Künstler innerhalb der Raumflucht bewusst Akzente und vollführten eine Choreografie, die im Spiel von Hell und Dunkel grafische Assoziationen weckt. Auch mit ihrem zweiten Video machen sie einen Raumausschnitt gewandelt erfahrbar: eine Ansammlung an Stahlträgern wird von unterschiedlichen Seiten in Licht getaucht, wodurch diese mal physische, mal zeichnerische Konturen annimmt.
Der Betrachter sieht sich in den Werken der jungen Kunstschaffenden illusionistischen Verfremdungen gegenüber, die gewöhnlich vor Ort neue Sichtweisen von Räumen aufzeigen. „Gegenbilder“ oder «Alternativversionen», wie die Künstler diese nennen. Bewusst schöpfen sie hierfür aus ihrer profunden Kenntnis und reichen Sammlung an technischen Materialien. «Es geht uns darum, Räume und ihre Verwendung in ihren Dimensionen und Eigenheiten aufzunehmen.» Ihre Arbeitsweise bedingt, dass sie sich immer wieder von neuem auf eine lokale Umgebung einlassen und ihre Interventionen sich nur temporär in dieser einschreiben. Nur Bruchstücke werden für weitere Ausstellungen wiederverwendet.
Im Falle der neuen Ausstellungshallen des Bündner Kunstmuseums hinterfragen frölicher | bietenhader das Verhältnis von Raum und Zeit gleich doppelt. Genau genommen handelt es sich noch um keine bestehenden Räumlichkeiten, sondern um entstehende und damit zugleich um entschwindende, ephemere Zustände. Obwohl die Gesamtinstallation «Querträger» real eingerichtet worden ist, unterscheidet sie sich von den bisherigen Arbeiten: Das kühne, trügerische Spiel mit den physisch unzugänglichen Räumen, das hier dem Betrachter präsentiert wird, kann sich dieses Mal ausschliesslich in dessen Kopf entfalten.
Céline Gaillard
www.froelicherbietenhader.ch