Arte Hotel Bregaglia

Samstag 7. Juni und Sonntag 8. Juni 2014

Präsentation der Neuerscheinung «Arte Hotel Bregaglia 2010-2013»

‹Umkristallisation›

Das vielschichtige Schaffen des Künstlerduos huber.huber vermittelt sich in einem breiten Spektrum an Medien – von der Zeichnung über die Fotografie bis zu Installationen und Videos. In der Ausstellung «Arte Hotel Bregaglia» werden zwei Collagen aus der Werkgruppe ‹Umkristallisation, 2013› von Markus und Reto Huber präsentiert.

Der Begriff der Umkristallisation bezeichnet ein wichtiges Verfahren zur Reinigung von chemischen Verbindungen. Die zu reinigende Substanz wird bei hoher Temperatur gelöst, die gesättigte Lösung filtriert und dann abgekühlt; dabei kristallisiert die reine Substanz wieder aus. Es handelt sich im Grunde also um ein Reinigungsverfahren, bei dem durch die Lösung auf Kosten vorhandener Substanzen neue entstehen.

 

Sich bei dieser in der Chemie und Mineralogie auftretenden Erscheinung mit dem Medium der Collagen auszudrücken, resultiert aus einer Folgelogik, entsteht die Collage doch durch das Aufkleben verschiedener Elemente auf eine Unterlage, wodurch ein neues Ganzes geschaffen wird – sie ist damit in ihrem Funktionieren dem Prozess der Umkristallisation verwandt. Das Eingreifen in die bestehende Kristallstruktur, das durch den Begriff der Umkristallisation beschrieben wird, führen huber.huber also buchstäblich vor. Das Spannende dabei: In den Collagen lassen sie – auf Papier – aus verschiedenen Kristallen neue kristalline Gebilde entstehen, die aber in der Wirklichkeit nicht vorkommen.

 

Der Hintergrund der beiden Collagen ist aus Effektlack gebildet, der als hochtechnologisches Konstrukt aus der Autobranche bekannt ist und sich je nach Blickwinkel verändert. Ähnlich wie bei der Werkgruppe ‹Mischkristalle, 2012›, die huber.huber im letzten Jahr für die Ausstellung im Hotel Bregaglia umgesetzt haben, kommt wiederum eine Verbindung von Naturelementen mit von Menschenhand geschaffenen Industrieprodukten zum Tragen. Diese wird durch den Kontrast des Lacks mit den Schwarz-Weiss-Abbildungen noch hervorgehoben, was die Abstammung der einzelnen Bildelemente aus verschiedenen Quellen und Zeiten deutlich macht.

 

Das offengelegte Prinzip des Arrangements der einzelnen Bildteile lässt sich mit der Tradition der Stilllebenmalerei des 17. Jahrhunderts, bei der reg- und leblose Gegenstände ästhetisch gruppiert wurden und deren zentrales Charakteristikum die Beschäftigung mit der Vergänglichkeit der Welt ist, in Verbindung bringen.

 

Aufmerksamen Forschern gleich beobachten huber.huber die Welt und kommentieren das menschliche Handeln mit kreativen, nicht selten ironischen Werken. Die in der Ausstellung präsentierten Arbeiten stehen exemplarisch für ihre Collagen, für die sie mit herausgelösten Elementen experimentieren und nach neuen, vielschichtigen Kompositionen suchen. Von ihrem Imaginationsreichtum getrieben lassen sie häufig Bilder aus unserer zeitgenössischen Kultur mit solchen, die wir einer anderen Zeit und Situation zuordnen würden und die aus ihrem Fundus an gesammelten, teils antiquarischen Büchern und Zeitschriften stammen, eine Verbindung eingehen. Mit dieser Ambivalenz kreieren sie surreale Zusammenhänge, welche die Emotionen und Ängste unserer Kultur meist erst auf den zweiten, dafür umso einnehmenderen Blick, auf eine sensible Art und Weise treffen.